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12.05.25

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Wenn der Hund zum "Pöbler" wird

Verhalten verstehen, Erziehung gestalten, Ernährung nutzen

Ein sonniger Nachmittag im Park. Max, ein mittelgroßer Mischlingsrüde, spaziert entspannt neben seinem Besitzer. Plötzlich taucht ein anderer Hund am Horizont auf. Max' Körper spannt sich an, die Ohren gehen nach vorne, ein tiefes Knurren entfährt seiner Kehle. Ehe man sich versieht, bellt und zieht er an der Leine, scheinbar außer Kontrolle. Ein bekanntes Bild für viele Hundebesitzer. Doch was steckt wirklich hinter diesem Verhalten?

Verhalten als Spiegel innerer Prozesse

Das Verhalten eines Hundes ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Genetik, Umwelt, Erziehung und physiologischen Prozessen. Ein Hund, der an der Leine pöbelt oder auf Artgenossen heftig reagiert, tut dies nicht aus böser Absicht. Vielmehr ist dieses Verhalten ein Kommunikationsmittel, das entweder aus Unsicherheit, Übererregung, territorialem Drang oder Frustration resultiert. Aber was, wenn ein Hund immer wieder solch ein Verhalten zeigt? Dann müssen auch innere, biologisch bedingte Prozesse berücksichtigt werden.

Die Rolle der Erziehung

Hunde sind soziale Tiere, die in ihrem natürlichen Lebensraum klare soziale Hierarchien und Rollen haben. Ein Hund, der sich mit Artgenossen versteht und im Sozialverhalten stabil ist, hat meist eine solide Prägung in seiner Jugendzeit erfahren. Es gibt jedoch auch Hunde, die Probleme mit der Integration in Gruppen haben oder ihre sozialen Grenzen nicht kennen. In diesen Fällen kann eine gezielte Sozialisierung helfen.

Erziehungstipps für das Leinenpöbeln:

  • Positive Verstärkung: Statt das unerwünschte Verhalten zu bestrafen, sollte der Hund für ruhiges Verhalten belohnt werden. Ein Leckerli oder Lob, wenn er sich bei der Begegnung mit anderen Hunden ruhig verhält, stärkt dieses Verhalten und macht es wahrscheinlicher, dass er es wiederholt.

  • Desensibilisierung: Langsame, kontrollierte Begegnungen mit anderen Hunden in einer sicheren Umgebung können helfen, das übermäßige Reagieren zu vermindern. Allmählich kann der Hund lernen, dass andere Hunde nicht automatisch eine Bedrohung darstellen.

  • Fokus auf den Besitzer: Trainingseinheiten, bei denen der Hund lernt, sich auf seinen Besitzer zu konzentrieren (zum Beispiel durch Blickkontakt und "Schau mich an"-Übungen), können helfen, die Erregung zu steuern.

  • Richtige Leinenführung: Eine lockere Leine ist wichtig, um Frustration und Nervosität des Hundes zu verringern. Hunde reagieren auf Zug und Spannung in der Leine oft mit erhöhter Erregung.

Die biologische Grundlage – Serotonin und Ernährung

Serotonin, ein Neurotransmitter, der im Gehirn und Darm vorkommt, ist für die Regulation von Stimmung, Aggression und Impulsivität entscheidend. Hunde, deren Serotoninspiegel aus dem Gleichgewicht geraten ist, neigen zu impulsiven Reaktionen wie dem Pöbeln auf andere Hunde. Serotonin wird aus der Aminosäure Tryptophan gebildet, die über die Nahrung aufgenommen wird. Eine unzureichende Zufuhr von Tryptophan kann zu einem Mangel an Serotonin führen und so das Verhalten des Hundes negativ beeinflussen.

Ernährungstipps zur Unterstützung des Serotoninhaushalts:

  • Tryptophanreiche Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Tryptophan fördert die Serotoninsynthese. Tryptophan findet sich in proteinreichen Lebensmitteln wie Putenfleisch, Eiern, Soja und Milchprodukten.

  • Vermeidung von Blutzuckerschwankungen: Um die Serotoninaufnahme ins Gehirn zu fördern, sollte die Ernährung wenig Zucker und einfache Kohlenhydrate enthalten, da diese zu schnellen Blutzuckerschwankungen führen, die das Verhalten negativ beeinflussen können.

  • Omega-3-Fettsäuren: Diese essentiellen Fettsäuren, die in Fischöl und einigen pflanzlichen Quellen vorkommen, unterstützen die Gehirnfunktion und können helfen, Aggressionen zu verringern.

Sozialverhalten und Kommunikation bei Hunden

Hunde sind hochsoziale Tiere, deren Verhaltensweisen tief in ihrer Evolution verankert sind. In der Wildnis kommunizieren Hunde und Wölfe hauptsächlich durch Körpersprache, Lautäußerungen und Duftmarken. Diese natürlichen Kommunikationsmittel sind bei Haushunden noch immer aktiv, wenn auch oft durch den engen Kontakt zu Menschen verändert.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Sozialverhalten von Hunden:

  • Hierarchie und Dominanz: Obwohl Hunde keine strikt hierarchischen Gesellschaften wie Wölfe bilden, gibt es bei vielen Hunden klare Vorstellungen von Rang und Stellung innerhalb ihrer Gruppe. Ein Hund, der in einem Umfeld ohne klare Führung aufwächst, kann Schwierigkeiten haben, sich in soziale Gruppen zu integrieren.

  • Soziale Prägung: Studien haben gezeigt, dass Hunde in den ersten 16 Lebenswochen besonders empfänglich für die sozialen Normen ihrer Art sind. Eine fehlende oder unzureichende Sozialisation in dieser Phase kann zu Problemen im späteren Leben führen, insbesondere wenn es um das Zusammenleben mit anderen Hunden geht.

  • Körpersprache und Bellen: Hunde nutzen Körpersprache, um ihre Absichten zu kommunizieren. Ein Hund, der sich einem anderen nähert, stellt oft seine Ohren auf, richtet den Blick und hebt den Schwanz. Diese Signale können als aggressiv oder einladend interpretiert werden, je nachdem, wie sie ausgeführt werden.

Beispiel aus der Forschung:
Ein Experiment von Gazzano et al. (2013) zeigte, dass Hunde durch den direkten Kontakt mit Artgenossen ihre Sozialfähigkeiten verbessern können. Hunde, die regelmäßig in kontrollierte Interaktionen mit anderen Hunden eingebunden wurden, zeigten weniger Anzeichen von Angst oder Aggression gegenüber Artgenossen. Ein ähnliches Experiment belegt die Bedeutung von Konditionierung in der Hundegruppeninteraktion und zeigt, dass mit der richtigen Sozialisation Verhaltensprobleme effektiv verringert werden können (Gazzano et al., 2013).

Territorialverhalten – wenn der Hund sein Revier verteidigt

Territoriales Verhalten ist tief im Erbgut vieler Hunderassen verankert. Es handelt sich um ein instinktives Verhalten, das darauf abzielt, Ressourcen – sei es Futter, Schlafplatz oder Rudel – gegen Eindringlinge zu verteidigen. Im häuslichen Kontext kann dieses Verhalten problematisch werden, wenn der Hund beginnt, Straßen, Wege oder sogar den ganzen Park als sein Revier zu betrachten.

Was ist eigentlich ein „Territorium“ aus Hundesicht?
Für Hunde ist das Territorium nicht unbedingt durch Mauern oder Gartenzäune definiert, sondern durch Routine und emotionale Bedeutung. Regelmäßig begangene Wege, bekannte Orte oder das eigene Heim werden mit dem „Rudel“ (also dem Halter) verknüpft – und entsprechend geschützt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse:

  • In einer Studie von Overall (2013) wird darauf hingewiesen, dass territoriales Verhalten vor allem dann auftritt, wenn der Hund eine hohe Bindung an bestimmte Orte in Verbindung mit einer Übererregbarkeit zeigt. Territorialverhalten ist dabei nicht zwingend aggressiv, sondern eher defensiv geprägt und kann durch Frustration oder Unsicherheit verstärkt werden.

  • Hart & Hart (1985) klassifizierten territoriales Verhalten bei Hunden als „context-specific aggression“, also kontextabhängig: Ein Hund kann in einer neutralen Umgebung sehr freundlich sein, aber auf seinem „Stammweg“ deutlich aggressiver wirken. Diese Erkenntnis ist zentral für den Umgang mit Leinenaggression – denn oft entsteht sie genau dort, wo der Hund sich als „Wächter“ versteht.

  • Auch neurobiologische Studien zeigen, dass Territorialverhalten mit erhöhtem Cortisolspiegel (Stresshormon) und häufig mit geringer Serotoninaktivität einhergeht. Das bedeutet: Territorialverhalten kann durch chronischen Stress und eine geringe Fähigkeit zur Impulskontrolle verstärkt werden – was wiederum den Bogen zurück zur Ernährung und dem Serotonin schlägt (Rosado et al., 2010).

Was bedeutet das für den Alltag?

  • Feste Rituale und klare Grenzen helfen dem Hund, sein Territorium besser zu verstehen – und es nicht auszudehnen. Wer dem Hund zu viele Entscheidungen überlässt (z. B. wann er bellt, wer sich nähern darf), riskiert, dass er sich selbst als Hüter und Verteidiger sieht.

  • Frühe Besuchersozialisierung und gezielte Begegnungstrainings mit fremden Hunden auf dem „eigenen Weg“ oder im Vorgarten helfen, territoriales Verhalten in konstruktive Bahnen zu lenken.

  • Sinnvolle Auslastung – auch kognitive! – kann helfen, das Sicherheitsbedürfnis zu regulieren und Übersprungshandlungen zu vermeiden. Ein unterforderter Hund verteidigt mitunter das Territorium nur deshalb, weil ihm eine andere Aufgabe fehlt.

Fazit und Ausblick

Das Verhalten von Hunden beim Zusammentreffen mit anderen Hunden kann viele Ursachen haben. Von Übererregung über territoriale Instinkte bis hin zu physiologischen Ungleichgewichten wie einem Serotoninmangel – all diese Faktoren spielen eine Rolle. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl auf Erziehung als auch auf Ernährung setzt, ist der Schlüssel zur Verbesserung des Verhaltens.

Die Erziehung muss dabei nicht nur auf das richtige Verhalten fokussieren, sondern auch die biologischen Grundlagen berücksichtigen. Eine ausgewogene Ernährung, die den Serotoninhaushalt stabilisiert, kann ebenso wie eine fundierte Erziehung dazu beitragen, das Verhalten des Hundes nachhaltig zu verbessern.

Beispiel aus dem Büroalltag:

Viele Bürohunde entwickeln ungewollt territoriales Verhalten – wie etwa Rocky, ein Chihuahua, der seit Jahren ins Büro mitgenommen wird. Anfangs niedlich und putzig, wurde das Bellen am Eingang zur Routine. Jeder Kollege, Lieferant oder Kunde wurde kommentiert. Doch irgendwann wurde aus dem Bellen ein echtes Problem: Rocky versuchte, größere Hunde anzumachen – bis hin zu einem peinlichen Moment, als er bellend und knurrend auf einen Rottweiler losging. Nur durch gutes Management blieb die Situation harmlos.

Was war passiert? Rocky hatte über die Jahre gelernt:
„Ich bin hier der Boss. Ich belle – und sie gehen.“
Ein klassischer Verstärkermechanismus: Jedes Weggehen des Besuchers wurde als „Erfolg“ gewertet. Dass es nicht am Bellen lag, sondern am abgeschlossenen Gespräch, war für Rocky irrelevant.

Was hätte helfen können?

  • Einführung klarer Rituale bei Besuch: z. B. Rocky auf den Platz, kurze Pause, erst dann Kontakt.

  • Konsequente Neutralisierung des Eingangsbereichs: kein „Wachposten“-Verhalten mehr dulden.

  • Belohnung für ruhiges Verhalten, nicht für Aufmerksamkeit oder „Wachsamkeit“.

  • Gezieltes Konterkonditionieren: Besucher ankündigen, Rocky wird dafür belohnt, nichts zu tun.


Literaturverweise:

  • DeNapoli, J.S. et al. (2000): Effect of dietary protein and tryptophan on aggression in dogs. JAVMA, 217(4), 504–508.

  • Mariti, C. et al. (2019): Serotonin and Tryptophan in Shelter Dogs. Vet Sci, 8(1), 1.

  • Gazzano, A. et al. (2013): Socialization and aggression in dogs. Vet J, 196(2), 149–156.

  • Hart, B.L. & Hart, L.A. (1985): Selecting pet dogs on the basis of cluster analysis of breed behavior profiles. J Am Vet Med Assoc, 186(11), 1181–1185.

  • Overall, K.L. (2013): Manual of Clinical Behavioral Medicine for Dogs and Cats.

  • Rosado, B. et al. (2010): Blood concentrations of serotonin, cortisol and dehydroepiandrosterone in aggressive dogs. Physiology & Behavior, 102(3-4), 360–365.

Über den Autor

Kai Nagel – Geschäftsführer bei R.Bubeck & Sohn

Kai Nagel ist Geschäftsführer der ältesten Hundefutter-Manufaktur der Welt, Bubeck, die seit 1893 besteht. Geboren in eine Familie mit einer tiefen Verwurzelung in der Landwirtschaft und der Tierernährung, bringt Kai über 50 Jahre Erfahrung und ein umfassendes Verständnis für die Bedürfnisse von Hunden mit. Seit die Familie Nagel die traditionsreiche Firma 1982 übernommen hat, setzt Kai die Vision fort, hochwertige Hundefutterprodukte zu entwickeln, die Gesundheit und Wohlbefinden von Hunden fördern. Mit seiner Leidenschaft für die Tierernährung und seinem umfangreichen Wissen teilt Kai in seinen Blogartikeln wertvolle Tipps und Einblicke, um Hundehaltern zu helfen, die bestmögliche Ernährung für ihre Vierbeiner zu finden. Bubeck füttert die Hunde!

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