Mit zeternder Stimme redet eine Dame auf ihren Hund ein, der gerade macht, was er will und partout nicht gehorchen möchte. Gleich um die Ecke begegnet einem ein Gespann aus Mensch und Hund, bei dem der Hund die Leine führt und der Halter nur zusieht, dass er hinterher kommt. Man beobachtet solche Situationen immer wieder – und geht kopfschüttelnd weiter. Menschen, die selbst keine Hunde halten, wissen nicht viel über die Erziehung eines Hundes. Dabei ist dies eine komplexe und wichtige Aufgabe, die sehr viel mit Vertrauensbildung und Lebensqualität auf beiden Seiten der Leine zu tun hat. Hat der Hund keine oder eine unzureichende beziehungsweise falsche Erziehung erhalten, wird sich sein Mensch nicht wohl fühlen, aber auch das Tier leidet in manchen Situationen – vor allem an Unsicherheit, die sich manchmal durch Aggressivität oder anderes Fehlverhalten äußert.
Es wird in den meisten Fällen schief gehen, wenn man sich einen Hund zulegt und diesem nicht seiner Veranlagung entsprechend ein gewisses Maß an liebevoller Erziehung zukommen lässt. Je nach Rasse kann dies in häuslicher Umgebung oder in einer Welpenschule beziehungsweise Hundeschule geschehen. Fakt ist aber, dass es Zeit und Geduld kostet, das Beste aus seinem Vierbeiner herauszuholen und somit ein stressfreies und loyales Miteinander zu (er-)leben.
Bestrafung – ein fataler Fehler
Kinder, die etwas falsch machen oder die unartig sind, bestrafen wir. Wir schimpfen, verordnen Hausarrest oder Fernsehverbot. Dabei benutzen wir aber Worte, die das Kind auch versteht. An einem erregten Wortschwall seines Herrchens oder Frauchens erkennt der Hund lediglich, dass er eine Form von Aufmerksamkeit bekommt. Das meiste Gesagte verhallt ohne Wirkung, da der Hund kein Sprachzentrum hat und er außer gewissen Kommandos und Signalworten keine Wortzusammenhänge begreifen kann.
Hunde haben in unterschiedlicher Ausprägung das „Will to Please“ Empfinden, das bedeutet, sie wollen ihrem Menschen gefallen. Deswegen darf man Hunde nicht bestrafen, wenn sie etwas falsch machen, sondern muss sie konsequent belohnen, wenn sie etwas gut oder richtig machen. Als Beispiel: Der Welpe verrichtet sein Geschäft auf dem teuren Teppich im Wohnzimmer. Das ist ärgerlich, wird aber jedem Hundehalter nicht nur einmal passieren. Tipps vermeintlicher Experten raten nun dazu, das Tier laut zu schimpfen, dabei seine Nase in die Pfütze zu tauchen. Aufgrund der sensiblen Nase des Hundes ist dies aber quasi eine Foltermethode. Außerdem kann er das Geschrei seines Menschen nicht zuordnen. Vielmehr wird das Vertrauen in seine Bezugsperson massiv beeinträchtigt.
Viel effektiver ist es, das Fehlverhalten weitestgehend zu ignorieren, dafür aber das erfolgreiche Geschäft beim Gassigehen mit überschwänglichem Lob oder vielleicht sogar noch einem Leckerli zu belohnen. Damit macht man sich das Will to Please Empfinden des Tieres zunutze. Der Hund kapiert, dass der Mensch sich freut und wird sich bemühen, ihm wieder und wieder Freude zu machen. Für jedes Fehlverhalten wird mit einem Kommando belegt, als Signal, dass etwas nicht richtig ist. Es reicht aber ein energisches „Aus! oder „Nein!“ – klar erkennbar als Gegenteil vom Lob.
Absolut inakzeptabel ist es, einen Hund mit körperlicher Gewalt zu strafen. Damit richtet man irreparable Schäden in der Hundeseele an und beweist nur seinen eigenen, schwachen Charakter.
Einen Hund gar nicht erziehen und sozialisieren
Erzieht man ein Kind gar nicht, nennt man diesen oft kritisierten Stil „Laissez-faire“. Dem Kind bleiben seine Entscheidungen selbst überlassen – es lernt quasi aus seinen eigenen Fehlern und Erfahrungen. Einen Hund „gar“ nicht zu erziehen und ihn auch nicht mit den verschiedensten Lebewesen zu sozialisieren, ist fatal. Er wird auf Artgenossen, andere (Haus-)Tiere, ungewohnte Situationen und fremde Menschen mit Angst und/ oder Aggression reagieren. Diese Hunde können mit Begegnungen nicht umgehen und preschen entweder vor oder ziehen sich verängstigt zurück. Ein Problem ist aber schon, dass die Tiere keine Grundkommandos kennen, nicht leinenführig sind und dies im Alltag Schwierigkeiten mit sich bringt.
♠ Fehlende Erziehung bedeutet zugleich, fehlende Bindung, mangelndes Vertrauen und ein von Stresssituationen überschattetes Zusammenleben.
Bei der Erziehung und beim Training überfordern und Verwirren
Bei der Erziehung eines Hundes gibt es für alles seine Zeit. Das bedeutet nichts anderes, dass man die tägliche Übungszeit strukturieren muss. Zu Beginn des Trainings nutzt man die noch ungetrübte Auffassungsgabe des Tieres, um mit ihm etwas Neues zu lernen. Der Hund zeigt sehr deutlich, wenn ihm das Ganze zu viel wird. Er lässt sich ablenken, wird unkonzentriert und nicht mehr kooperativ. Nun sollte der Halter seinem Schatz eine Pause gönnen – sei es, um kurz zu verschnaufen oder einfach im Spiel mit anderen Hunden oder seinem Lieblingsspielzeug abzuschalten und zu entspannen.
Nach diesem Päuschen geht es an die zweite Lektion des jeweiligen Tages, während derer das Neue manifestiert und schon Gelerntes wiederholt werden kann. Nach dieser intensiven Trainingseinheit dürfen alle Kommandos, Tricks und Übungen außerhalb der Welpenschule „nebenbei“ immer wieder geübt werden, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Abhängig von der Tagesform des Hundes und natürlich auch von seiner Rasse können weitere Pausen und Lektionen im Wechsel folgen. Ob man nach den Grundkommandos und den Verhaltensregeln im Alltag auf diesem Training noch aufbaut, um beispielsweise im Hundesport aktiv zu werden, liegt am eigenen Interesse und natürlich am Talent des Hundes.
♠ Das Training darf nicht zu lange am Stück erfolgen!
♠ Durch zu viele Kommandos verwirrt und überfordert man den Hund – zumindest in der ersten und so wichtigen Phase der Welpenerziehung.
Belohnungsprinzip: Leckerlis bei der Hundeerziehung dosieren
Der perfekte Hundehalter kann seinen Hund allein durch Lob, Streicheleinheiten oder Spiel belohnen. In der Wirklichkeit wird man aber meistens das eine oder andere Leckerli benötigen, um dem Hund zu zeigen, dass er etwas gut macht und ihn dadurch zu motivieren. Man muss allerdings einen Kompromiss finden, mit dem beide Seiten gut leben können. An den Tagen, an denen die Welpenschule auf dem Wochenplan steht, sollte die erforderliche Menge an Leckerlis von der normalen Futterration abgezogen werden. Auch muss der Hundehalter darauf achten, dass die Portionen möglichst klein sind, denn für den Hund zählt mehr die Tatsache, DASS er etwas bekommt – nicht wie groß die Belohnung ist. Also ist es sinnvoll, sehr kleine Leckerlis zu kaufen oder größere Stücke zuhause entsprechend zu zerbrechen oder zu zerschneiden, damit die Kalorien nicht überdimensional in das Hundemäulchen wandern.
♠ Belohnen Sie konsequent nur tatsächlich erbrachte Leistungen!
♠ Kaufen Sie zuckerfreie und fettarme Leckerlis, die für Hunde hergestellt sind!
♠ Finden Sie den richtigen Weg zwischen Bewegung (und vielleicht Mehraufwand an Trainingstagen) und Kalorienzufuhr, sonst wird Ihr Hund vom Üben dick – und krank!
♠ Probieren Sie immer wieder, auch liebe Worte, Streicheln und ein Lieblingsspielzeug als Belohnung einzusetzen, sonst machen Sie sich von den Leckerlis abhängig und der Hund gehorcht nur gegen Futter!
Geduld ist wichtig
Es bringt absolut nichts, wenn man dem Hund einfach ein Kommando immer wieder an den Kopf schreit und darauf wartet, dass das Tier versteht, was genau es nun machen soll. Gerade für Laien ist es deswegen wichtig, sich in einer Welpenschule – bei älteren Hunden ohne Erziehungsgrundlage in einer Hundeschule oder mit einem Tiertrainer – kompetent anleiten zu lassen. So bekommt der Hund Grundkommandos und Tricks beigebracht, ohne daran zu verzweifeln und der Halter verliert nicht den Spaß an der Sache. Und: Ein Meister ist auch in der Hundeschule noch nicht vom Himmel gefallen.
Bild von Sarah Richter auf Pixabay